Selbstbestimmtes Leben ist Ziel der persönlichen Assistenz
Jana Maurer und Justine Heuser sind ein eingespieltes Team


Jana Maurer (r) und Justine Heuser (l) sind ein eingespieltes Team. Dank Menschen wie Justine Heuser (persönliche Assistenz) kann Jana Maurer ein selbst bestimmtes Leben führen.

Neuwied. Ein selbstbestimmtes Leben führen. Für Menschen im fortgeschrittenen Alter und mit Handicap ist das keine Selbstverständlichkeit. Auch nicht für Jana Maurer aus Neuwied. Die 18-jährige leidet seit ihrer Geburt unter spinaler Muskelatrophie. Aufgrund dieses Gendefekts sitzt die Schülerin im Rollstuhl und kann sich praktisch nicht bewegen. „Ich komme damit ganz gut klar. Ein anderes Leben kann ich mir gar nicht vorstellen“, sagt Jana Maurer. Trotz ihres Handicaps hat sie eine erfrischend lebensbejahende Einstellung. Im vergangenen Jahr ist die Schülerin aus der Christiane-Herzog-Schule in den Vorstand des Neuwieder Jugendbeirats gewählt worden und engagiert sich ehrenamtlich. Jana Maurer ist ihrer Familie, zu der Mama Anke, Schwester Liza und Hund Henry zählen, dankbar für die tolle Unterstützung. Aber natürlich kann die Familie nicht 24 Stunden für sie da sein. Und außerdem, unterstreicht die junge Frau „möchte ich irgendwann auch von zuhause ausziehen“. Ermöglicht wird dies durch die persönliche Assistenz.

Der Staat stellt Menschen wie Jana Maurer dafür ein persönliches Budget zur Verfügung. Das ermöglicht das Leben in den eigenen vier Wänden. Die 18-jährige hat in der Vergangenheit auch schon betreut in einer Einrichtung gewohnt. Doch seitdem sie wieder zuhause ist und das familiäre Umfeld genießt, sind die Noten in der Schule besser geworden. „Der Hauptschulabschluss steht an, vielleicht auch die mittlere Reife“, sagt Jana Maurer. Ihr großes Ziel ist ein fester Job auf dem ersten Arbeitsmarkt. Dabei unterstützt sie Justine Heuser.

Die Studentin zählt zu den derzeit vier persönlichen Assistenten und gehört in gewisser Weise auch zur Familie. In Schichten kümmern sich die Assistenten ab 6.15 Uhr bis in den späten Abend um Jana Maurer. Justine Heuser beginnt am frühen Morgen.

Die Morgenhygiene, das Aufstehen und Anziehen, das Frühstück machen sowie die Tasche packen, gehören dann zu ihren Aufgaben. Eine Ausbildung in der Pflege hat die 22-jährige nicht. „Die persönlichen Assistenten müssen keine Vorbildung haben, dann sind sie auch nicht entsprechend geprägt und können mehr auf die persönlichen Bedürfnisse eingehen“, hat Jana Maurer festgestellt. Die richtigen Handgriffe werden von der Familie vermittelt. Justine Heuser ist die jüngste im Team. Die älteste ist 46 Jahre alt. Das Alter spielt allerdings keine große Rolle. Sympathie und Vertrauen wichtig

Die Chemie muss stimmen

Das Wichtigste, da sind sich die beiden jungen Frauen einig, sei die Sympathie, die Chemie und das Vertrauen, dass sich mit der Zeit aufbaut. Immerhin verbringt man täglich viele Stunden gemeinsam, manchmal den ganzen Tag. Justine Heuser macht die Arbeit Spaß. Besonders die Unternehmungen. Shoppen oder Konzerte zählen dazu. Die Assistentin spricht von einer erfüllenden Tätigkeit. Ein schönes Gefühl sei es gewesen, an Weihnachten Teil der Familie zu sein. Prima sei auch, dass die Betreuungszeiten abgesprochen werden und in die persönliche Lebenssituation passen. „Meine Assistenten arbeiten als Mini-Jobber mit mindestens 40 Stunden oder in Teilzeit ab 60 Stunden“, berichtet Jana Maurer. Vollzeit wäre auch möglich. Die Bezahlung liegt dabei über dem gesetzlichen Mindestlohn. Hinzu kommen unterschiedlichen Zulagen. Beispielsweise am Wochenende. Trotzdem gestaltet sich die Suche nach

persönlichen Assistenten nicht ganz leicht. Nicht nur für Jana Maurer. Daraus reifte bei ihr der Entschluss, über diese Tätigkeit, zu informieren. Viele Assistenten kommen aus Studentenkreisen. Das bringt häufige Wechsel mit sich. Justine Heuser wird ebenfalls bald ihr Studium beenden und in den Beruf einsteigen. Die Erinnerung an einen Höhepunkt ihrer Tätigkeit wird sie sicherlich mitnehmen. „Wir fahren demnächst ein paar Tage nach Berlin. Eine Freundin besuchen, Party machen und auf ein Open-Air-Konzert gehen“, freut sich Jana Maurer schon riesig.

Für sie ist es der erste Urlaub ohne Eltern. Gefahren mit dem Rollstuhlgerechten Fahrzeug der Familie. Der Führerschein ist neben der gegenseitigen Sympathie eine Grundvoraussetzung für die persönliche Assistenz.


(Quelle: Blick Aktuell, 02.05.2019)

 


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